Polyamorie – Warum nicht einfach viele lieben?

Nach meinem letzten Eintrag mit dem Link zum GspusiCast Interview über Polyamorie hab ich eine Nachrichten bekommen, was denn Polyamorie eigentlich ist, wie poly Konstellationen aussehen können und was denn eigentlich Gründe sind, ein solches Beziehungskonzept zu wählen und welche Schwierigkeiten auftreten können.

Mein heutiger Beitrag wird sich daher damit beschäftigen kurz das Konzept der Polyamorie zu erklären.

Umfassende Änderungen im Beziehungs- und Sexualverhalten, wie etwa die immer länger werdende sexuelle Exklusivität in einer Beziehung aufgrund der steigenden Lebenserwartung, zunehmende Scheidungsraten, die wachsende soziale und ökonomische Gleichberechtigung von Frauen und das damit verbundene Selbstbestimmungsrecht, sowie die immer größer werdende Unzufriedenheit mit serieller Monogamie – das bedeutet das Ersetzen eines Partners/einer Partnerin durch eine/n andere/n in der Hoffnung dadurch dann eine erfülltere Beziehung zu führen – zu leben, lassen immer mehr Menschen nach neuen Modellen suchen, um sich Intimität hinzugeben. Eines dieser Modelle ist die Idee der polyamoren L(i)ebensweise.
Polyamorie (die deutsche Schreibweise des engl. Begriffes „Polyamory“) steht für die Idee gleichzeitig mehrere Personen lieben und mit ihnen Beziehungen leben zu können. Dabei geht es darum, geliebte Menschen frei zu lassen, sowohl körperlich als auch emotional.

“Poly” kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie “Viele”. “Amor” stammt aus dem Lateinischen und übersetzt sich mit “Liebe”.


Die Bedeutung der Polyamorie Flagge ist wie folgt zu erklären: Die Farbe blau steht für Offenheit und Ehrlichkeit zwischen den PartnerInnen innerhalb der Poly-Beziehungen. Rot symbolisiert die Liebe und die Leidenschaft. Schwarz zeigt Solidarität mit jenen Personen, die polyamor empfinden, die dieses Konzept aber aufgrund von sozialem Druck nicht leben können. Die Mitte der Flagge schmückt ein goldenes​ „π”-Symbol. Der griechische Buchstabe π (Pi) steht zum einen für den Anfangsbuchstaben „P” in Polyamorie und zum anderen für unendlich. Gold symbolisiert den hohen Wert, der auf innige, emotionale Verbindungen gelegt wird. Es soll ausgedrückt werden, dass es nicht nur um physische Nähe geht.

Das nicht-monogame Beziehungsmodell der Polyamorie ist dadurch charakterisiert, dass die Personen innerhalb dieses Konstrukts gleichzeitig mehrere Liebesbeziehungen haben und zwar bei vollem Wissen und Einverständnis der anderen Beteiligten.
Für das Gelingen dieser sehr anspruchsvollen Beziehungsform sind Freiheitsliebe, Toleranz, Flexibilität und Verantwortung Voraussetzungen. Weiters wird ein hoher Reifegrad, emotionale Stärke und Kommunikationsfähigkeit in hohem Ausmaß benötigt. Daneben sind ebenfalls hochgeschätzte Werte in polyamoren Konstellationen Treue (im Sinne von Loyalität bzw das Einhalten von Commitments), Vertrauen und Verantwortung.

Welche Formen polyamore Konstellationen zu leben gibt es denn?
Polyamorie findet gelebt entweder in offenen Netzwerken oder in geschlossenen Gruppen statt. Idealerweise haben in solchen Konstellationen alle Beteiligten ein Mitspracherecht bei Vereinbarungen. Es bedeutet in der Praxis allerdings nicht automatisch, dass die Beziehungen symmetrisch sind. Grundsätzlich sollen vielmehr alle Beteiligten das Recht haben, ihre Bedürfnisse gleichberechtigt miteinander auszuhandeln.

Es gibt drei Hauptvariationen polyamor zu leben:
* in einer hierarchischen Form
* in gleichwertigen Beziehungskonstellationen
* als Poly-Familie

Hierarische Beziehungsstrukturen/Primär- und Sekundärbeziehung
Es besteht eine Beziehung zwischen zwei Personen, welche ihre Verbindung als Primär – oder Hauptbeziehung definieren. Beide widmen dieser gemeinsamen Beziehung die meiste Zeit, Energie und Loyalität. Oftmals besteht eine Wirtschaftsgemeinschaft sowie ein gemeinsamer Haushalt. Die Beziehungen zu weiteren PartnerInnen können nah oder aber auch locker sein, jedoch unterliegen sie keiner ebenso starken Verbindung wie jener der Personen der Hauptbeziehung. Im Zweifels- oder Konfliktfall genießt die Primärbeziehung Vorrang gegenüber aller anderen Verbindungen. Obwohl prinzipiell im Konstrukt der Polyamorie davon ausgegangen wird, dass jede beteiligte Person für seine oder ihre Emotionen selbst verantwortlich ist, wird in der Praxis oft den Gefühlen einer/eines expliziten Hauptpartners/Hauptpartnerin ein höherer Stellenwert eingeräumt. In vielen Fällen haben die Primaries ein Vetorecht, also die Möglichkeit, zu angestrebten Kontakten jederzeit begründet “Nein” zu sagen, wenn Zeitpunkt und/oder der/die entsprechende AußenpartnerIn nicht passend erscheinen. Dieses Vetorecht lebt allerdings davon, dass es selten verwendet wird, da sonst das Vertrauensverhältnis eventuell Schaden nehmen könnte.
Abseits der Primärbeziehung sind Nebenbeziehungen oder sogenannte “Satellitenbeziehungen”, also Personen welche sich in der Umlaufbahn eines anderen Menschen befinden, möglich.

Gleichwertige Beziehungsstrukturen
Bei dieser Form bestehen innerhalb einer polyamoren Konstellation zwei oder mehrere Beziehungen, die ähnliche Wertigkeit besitzen. Jede der Verbindungen hat Wichtigkeit und bekommt bedeutend viel Zeit- und Energieressourcen gewidmet.

Poly-Familie
Die dritte Gestaltungsmöglichkeit von polyamoren Beziehungsstrukturen ist die Poly-Familie, eine Wechselbeziehung zwischen drei oder mehr Personen, die von einer starken Beziehungsverbindlichkeit allen beteiligten Menschen gegenüber gekennzeichnet ist. Innerhalb dieser Familie können sexuelle Verbindungen bestehen oder auch nicht. Das Wohl jeder einzelnen Person steht im Vordergrund, sowie der Wunsch viel Zeit miteinander als Gruppe zu verbringen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten hierarchische oder gleichwertige Beziehungen in verschiedenen Konstellationsformen zu leben. Die Wichtigsten sind folgende:

* V-Beziehung
* Kettenbeziehung
* Triade
* Gruppenehe

Gruppenehe
Dies ist eine meist langfristige eheähnliche Hauptbeziehung die drei oder mehr erwachsene Personen jeglichen Geschlechts einschließt. Dieses Konstrukt kann entweder geöffnet oder geschlossen für weitere SexualpartnerInnen sein. Entweder stehen sich alle Beteiligten gleich nahe oder es rotieren Alle um einen zentralen Menschen, der für die jeweils anderen der “Primary” ist.

Triade
Bei einer Triade handelt es sich um drei PartnerInnen, welche in einer Kombination aus Primär- und Sekundärbeziehungen oder in non-hierarchischen Verbindungen leben. Diese Beziehungsform kann aus hetero- oder homosexuellen PartnerInnen bestehen, meist ist eine Mischung aus Hetero- und Bisexualität zu finden. Die Triade kann entweder offen für weitere Personen oder geschlossen sein. In dieser Dreiecksbeziehung, bei der jede Person zu jeder anderen eine Beziehung unterhält, können Intimitäten entweder abwechselnd zwischen zwei Menschen stattfinden oder aber auch zu dritt gelebt werden. Es ist also jede/r mit jeder/jedem zusammen.

V-Beziehung
In dieser Struktur haben nicht alle Personen Beziehungen zu den jeweils anderen in der Konstellation. Es unterhält nur eine Person (Spitze des V) innerhalb des Beziehungskonstrukts zwei PartnerInnenschaften.

Kettenbeziehung
Diese Beziehungsform zeichnet sich dadurch aus, dass sich mehrere Verbindungen aneinander reihen. Oft steht in der Mitte als Ausgangspunkt ein Paar, welches jeweils weitere PartnerInnen hat. Diese haben dann unter Umständen wieder Beziehungen. Es können somit beliebig viele “Kettenglieder” angehängt werden. Die Personen am Ende der Kette haben keine intimen Verbindungen zueinander.

Über die Vorteile von polyamoren Konstruktionen und Schwierigkeiten die bei einem solchen Modell auftreten können gibts einen extra Eintrag demnächst.
Ich freu mich wie immer über Feedback und eure Erfahrungen und Fragen zu dem Thema.

LiGrü,
Conny

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